Dada, Deadpool, Der Hummer

Dada, Deadpool, Der Hummer

100 Jahre Dadaismus. Da ich Ökonom und kein Kunsthistoriker bin, darf ich „Dada“ ganz unschuldig für Dinge verwenden, die schräg, anti-Mainstream, grotesk daherkommen. Insoweit hatte ich ein dadaistisches Kinowochenende. Deadpool ungestört im Haydn, The Lobster im Filmcasino, diesmal leider mit Kinohasserinnen direkt neben und hinter mir. Zwei Filme, wie sie scheinbar unterschiedlicher nicht sein könnten. Kein Spoiler-Alarm: Hier Knallbummpeng mit Superstar und Supercomputergraphiken, dort ein bis in die letzte Note der Filmmusik um Anderssein bemühte Film eines griechischen Regisseurs, dessen Namen ich noch nie gehört hatte. Und Colin Farrell.

Farrell ist, genau wie Ryan Reynolds, ein Superstar. Was zeigt, das man auf unterschiedliche Arten und Weisen Superstar sein kann. Zu Reynolds Superheldensuperstarperformance als Deadpool muss man nicht unbedingt sagen, der Mann spiele sich die Seele aus dem Leib. Aber er spielt durchaus mit Seele einen Mann, dessen Leib deformiert wird, was die Handlung ins Laufen bringt, mehr oder weniger. Deadpool hat ein paar knallkomische Szenen, vor allem aber das Problem, das der Film zu vieles gleichzeitig sein will und das leider nicht schafft. Eigentlich kann man mit Marvel ja im Kino nicht viel falsch machen. Aber wirklich super ist dieser Film nicht.

Besser, aber leider auch nicht wirklich super ist The Lobster. Wobei: Die Idee ist schon super. Genial eigentlich (die Durchgeknalltheit des Konzepts ist freilich auch bei Deadpool respekteinflößend). Aber The Lobster ist nicht nur ganz anders, sondern am Ende auch besser, wenn man – Dada! – die Filme schon miteinander in Beziehung setzten muss. Was für ein Übergang: Um Beziehungen geht es in The Lobster, um nichts anderes. Um verbotene Liebe und um verbotenes Alleinsein. Im Hotel, im Wald (nicht, was Sie denken). Um eine Zukunft, die man sich nicht wünschen kann. Und mitten drin: super Farrell. Verena Lueken schrieb in der F.A.Z., nachdem sie den Film im Cannes gesehen hatte: „Colin Farrell, der ein Hummer wäre, wäre ihm die Flucht in den Wald nicht geglückt, entwickelt sich vom erstaunt naiven Weichling zum entschlossenen Liebhaber, der sein Augenlicht gäbe für die Frau seiner Wahl, Rachel Weisz. Und wie er in Zeitlupe und einem langen Regencape über der zu engen Hose mit einem Gewehr in der Hand durch den nächtlichen Wald stolpert und all unsere Sympathien auf seiner Seite hat, würden wir ihn nicht eintauschen wollen für Alexander den Großen, den er mit soviel weniger Fett um die Mitte vor ein paar Jahren spielte.“

Yes indeed. Dada bleibt eigentlich nichts mehr zu sagen. Und auch nicht zu fragen, was dieser schlussfolgerungsfreie Text eigentlich soll. Vielleicht dient er dem Abbau von überschüssiger Energie, die entsteht, wenn hinter einem die Leute in die Dialoge reinquatschen und neben einem ein quietschbuntes Mobildisplay leuchtet, während Colin Farrell vorm Spiegel steht und… Nein, ich wollte ja keinen Spoiler. Das wäre nicht dada, sondern gemein.