*Österreichende_!!!

*Österreichende_!!!

Ich habe ein Wort entdeckt, das sich im Internet praktisch nicht findet – das wir aber dringend brauchen: Österreichende. Via Google stößt man mit diesem Begriff (Stand heute) eigentlich nur auf Schreibfehler, die „Österreich“ und „Ende“ verbinden – das allein wäre gewiss schon einige kritische Reflexionen wert. Mir geht es hier aber um etwas anderes. Um etwas, dass mit Sicherheit zur Folge haben wird, dass Sie und ich schon sehr bald viele interessante Treffer landen, wenn wir in der Suchmaschine unseres Vertrauens „Österreichende“ eingeben.

Wir reden hier also nicht über das Ende Österreichs, sondern über den Beginn einer neuen Ära gleichstellungsorientierter Sprachpolitik. Man muss nicht sehr (de)konstruktivistisch veranlagt sein, um das für ein wichtiges Feld zu halten. Inklusiv und nicht ausschließend soll Sprache heute sein, und das ist auch gut so. Für die Diskussion, ob das Exklusive nicht auf einer Fehlinterpretation der deutschen Sprache beruht, ist es zu spät. Deshalb gilt: Therapeutischer Nihilismus ist hier nicht angesagt. Oder in den in diesem Kontext schön paradoxen Worten von Elvis und Christian Kern: A little less conversation, a little more action please.

Im Englischen hat man es bekanntlich leichter mit dem Gendern. Statt „er oder sie“ schreibt man einfach „s/he“. Überhaupt ist das Englische tendenziell geschlechtsneutraler oder zumindest leichter geschlechtsneutraler zu verwenden als Deutsch – unabhängig davon, ob wir über deutsches Deutsch oder österreichisches Deutsch sprechen. „Austrians“ ist übrigens eine unter Volkswirtinnen und Volkswirte anerkannte Begrifflichkeit, die nicht „österreichische Ökonominnen und Ökonomen“ bezeichnet, sondern die „österreichische Schule der Nationalökonomie“. Damit ist kein Institut in Wien gemeint und auch kein Grazer Universitätsgebäude, sondern ein vor allem in den USA recht beliebtes Gedankengebäude. Politisch muss man das nicht sympathisch finden, aber die Vertreter (Vertreterinnen fallen mir gerade nicht ein) dieser Denkrichtung haben die Wirtschaftslehre um einige originelle Ideen bereichert. Zu diesen Vertretern gehören von Mises, Böhm-Bawerk und !TRIGGER WARNING! auch Hayek.

Sei es wie’s sei: Ich möchte hiermit einen Vorschlag macht, der keine Nachteile und diese Vorteile hat: Es ist gendergerecht, er ist sprachlich elegant, er wertet die Menschen auf – und er ist mikroökonomisch effizient, makroökonomisch ungefährlich und fiskalisch vernünftig. Wirklich!

Der Vorschlag: Statt „Österreicherinnen und Österreicher“ schreiben, reden und denken wir in Zukunft von „Österreichenden“. Das ist, wie gesagt, gendergerecht und, wie sie sofort zugeben werden, eleganter als Lösungen, die mit Ster*nchen, Unter_strichen oder BInnen-Is arbeiten.

Meine geniale Idee hat außerdem den Charme, gewissermaßen etwas Aktivistisches sprachlich mitzutransportieren. So wie „Studierende“ ja streng genommen Leute meint, die der Aktivität „Studieren“ nachgehen (und nicht gerade in der Mensa das Menü II zu sich nehmen) und „Mitarbeitende“ Menschen bezeichnet, die sich im Prozess des Mitarbeitens befinden (und also nicht bei einer Zigarettenpause über die Chefin lästern) – so sind Österreichende nicht nur Österreicherinnen und Österreicher, sondern Österreicherinnen und Österreicher, die sich im Modus „österreichisch sein / österreichisch handeln“ befinden. Wenn wir Österreicherinnen und Österreicher als „Österreichende“ bezeichnen, sagen wir gleichzeitig, dass diese Menschen österreichen – womit auch gleich ein neues Verb in der Welt ist. Die potenziell polyvalente Offenheit dieses Begriffes macht ihn vielseitig einsetzbar, zum Beispiel in Prüfungstexten, Zeitungskolumnen oder Tourismusbroschüren.

Abschließend zur ökonomischen Dimension, die vielleicht nicht nur Austrians skeptisch sehen, die aber empirisch nicht von der Hand zu weisen ist. Gehen wir sicherheitshalber von einem Stundenlohn von 10 Euro aus (ein willkürlicher und konservativer Wert), kommen die Österreichenden auf einen aufgerundeten Sekundenlohn von aufgerundet 0,28 Eurocent. Rechnen wir also denkbar grob damit, dass die Durchschnittssekunde der durchschnittlichen Österreichenden 0,28 Cent wert ist. Gehen wir weiter davon aus, dass alle Österreichenden pro Tag ein Mal „Österreicherinnen und Österreicher“ sagen – und in Zukunft „Österreichende“. (Man spart eine Sekunde, ich habe das überprüft. Da ich Schnellsprecher bin, ist auch das eine konservative Rechnung.)

Gehen wir weiter von 250 Arbeitstagen und 8,7 Millionen Österreichenden aus, okay? „Nein, nicht okay!“ sagen Sie, weil nicht alle Österreichenden jeden Tag „Österreichende“ sagen werden, Kleinkinder zumal. Das stimmt – aber dafür gibt es viele Menschen, die mehrmals am Tag „Österreicherinnen und Österreicher“ sagen und in Zukunft „Österreichende“ – Ministeriumsmitarbeitende und Hochschullehrende zum Beispiel. Auch hier also: konservativ gerechnet.

Also: 0,28 Cent Sekundenlohn, pro Tag eine Sekunde eingespart, 250 Arbeitstage, 8,7 Millionen Österreichende (einschließlich der zugereisten Türkinnen, Serben, Piefkes und so weiter) – das gibt eine gesamtwirtschaftliche Ersparnis von mindestens 6.090.000 Euro, wenn mein Vorschlag befolgt wird. Über 6 Millionen Euro. Pro Jahr!! Jedes Jahr!!! Mittel, die für Bildung, sprachpolitische Schulungen oder bewusstseinsfördernde Maßnahmen ausgegeben werden könnten. Das gilt natürlich nur, wenn man – was Austrians wohl nicht goutieren würden, die aktuelle Bundesregierung aber möglicherweise schon – diesen Betrag mittels einer Steuer oder einer neuen Gebühr auch nachhaltig fiskalisch nutzbar machen kann.

Ich glaube, dieser Vorschlag ist gut für Österreichende. Und also für Österreich. Ende. Der Durchsage.