Post-Corona = Post-Carbon? Eine Erinnerung.

Schon klar: “Post-Corona” gibt’s nicht, weil das Virus nicht verschwinden wird – auch dann nicht, wenn das Schlimmste vorbei ist. Aber natürlich gibt es eine Zeit nach der Krise. Nicht wenige glauben, dass dann alles oder zumindest vieles besser und gut wird. Das ist, wie hier schon gesagt, nicht sonderlich plausibel.

Dennoch darf man hoffen, dass die Post-Corona-Wirtschaft eine Ökonomie der Nachhaltigkeit wird – nicht zuletzt eine, die sich massiv in Richtung Klimaneutralität bewegt. Wie sagte Paul Romer, Mitbegründer der Neuen Wachstumstheorie und Träger des Alfred-Nobel-Gedächtnispreises für Wirtschaftswissenschaften, so schön: „A crisis is a terrible thing to waste.“

In der Tat. Vielleicht – vielleicht! – heißt Post-Corona auf dem Feld der Wirtschaft Post-Carbon. Das ist natürlich nicht sicher. Ganz sicher aber wird diese Entwicklung nicht „von selbst“ eintreten. Ohne Streit und Auseinandersetzungen besteht die Gefahr, dass diese schreckliche Krise einfach nur schrecklich ist und – im Sinne Romers – verschwendet wird. Für diesen Streit ein kleiner Hinweis, der womöglich helfen kann: Ein ökonomisch-ökologischer Paradigmenwechsel hängt von nicht eben leicht zu erfüllende Kriterien ab.

Konsultieren wir die Originalquelle zum Thema Paradigmen­wechsel: Thomas Kuhns 1962 erschienenes Buch über Die Struk­tur wissenschaftlicher Revolutionen. Die titelgebenden Revolu­tionen sind Paradigmenwechsel. Und nach Kuhn kommen diese Wechsel dann zu­stande, wenn sich die Überzeugung breitmacht, dass nicht nur das alte Paradigma nicht mehr ausreicht, sondern dass es ein neues Paradigma gibt, das das alte zu er­setzen vermag. Theorien würden dann und nur dann für ungültig erklärt, „wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist, der ihren Platz einnehmen kann.“ Gewiss, Kuhn schaut rückblickend auf wissenschaftliche Paradigmen­wechsel und nicht auf kommenden ökonomischen Wandel. Das Bild passt trotzdem: Große Veränderungen haben wesentlich damit zu tun, dass sie etwas Besseres versprechen.

Dass Alternativen zum Bestehenden besser und in die­sem Sinne attraktiv und überzeugend sein müssen, hat der Wiener Ökonom und Archi­tekt Georg Franck schön auf den Punkt gebracht: Mit Blick auf eine „ökologische Umkehr des Wirtschaftens“ schreibt er, ein grundlegender „Wandel der Zielvor­stellungen“ könne „nur von einer Ökonomie kommen, die sich in Augenhöhe der alten als Alternative anbietet.“ Was die Zukunft bringt, hängt also wesentlich davon ab, ob es plausible ökonomische Gegen­bilder zum Gegenwärtigen gibt.

Das Gute ist, dass ein solches Bild mit der Vision einer nachhaltigen Post-Carbon-Ökonomie ja schon existiert – und zwar auch im politischen Mainstream. Im Strudel der aktuellen Krise gerät womöglich in Vergessenheit, dass vor nicht allzu langer Zeit die Klimaneutralität der Ökonomie eine politische Top-Priorität war. Nachlesen kann man das zum Beispiel im „Green Deal“ der Europäischen Union oder im Programm der aktuellen Regierung Österreichs.

Das gilt es zu nutzen. Wenn jetzt Konjunkturprogramme und Rettungspakete konzipiert werden, muss das Ziel einer raschen Erholung mit dem Ziel einer langfristig zukunftsfähigen, innovativen und klimaneutralen Wirtschaft verbunden werden. Dazu braucht es keine Zauberei und auch keine Wunder, sondern den politischen Willen, die Krise nicht zu verschwenden, sondern entschlossen zu nutzen – und die Erinnerung daran, was erst vor wenigen Wochen als zentrale Zukunftsaufgabe formuliert wurde.